Donnerstag, 3. Februar 2011

zu Fuß durch die ausgestorbene Löwenstadt

Raffles Boulevard mit Singapore Flyer


im menschenleeren Bankenviertel

Raffles Place, wie nach einem Giftgasangriff


Heute bin ich fast 5 Stunden zu Fuß in der Löwenstadt unterwegs. Ohne eine Abkühlung in einem Shopping-Center, denn die sind alle geschlossen. So wie heute erlebt man Singapore vermutlich wirklich nur an diesem einen Tag im Jahr, dem Chinesischen Neujahr, mit Stadtansichten wie in einem Katastrophenfilm. Selbst die Food-Center sind geschlossen. Gegen 11 Uhr fürchte ich schon, dass es bis zur Rückkehr in den Stadtteil der Inder nichts zu beißen geben wird. Gleich hinter dem Peoples Park, im S11 Restaurant, bekomme ich aber eine wunderbare Laksa serviert. Statt wie üblich 3,- kostet sie mit Feiertagszuschlag heute 4,-$, aber 2,-EUR ist diese herrliche Köstlichkeit immer wert.

War Memorial
Die Stadt Singapore begeistert mich, wie schon bei all den vielen Besuchen vorher. Heute bietet sie mir zusätzlich die kaum vorstellbaren Perspektiven einer fast menschenleeren Großstadt. Nur an roten Ampeln sammeln sich manchmal wenige Autos, sonst sind die Straßen leer. Seit meinem letzten Besuch hier, sind inzwischen mehrere Jahre vergangen. Freie Plätze, die ich in Erinnerung hatte, sind bebaut. Wie immer in Singapore, mit architektonischen Prunkstücken. Man hat dem Meer riesige Flächen abgerungen. Wo man früher auf das Meer blickte, steht heute der imposante Bau des Marina Bay Sands, mit einem 150 m langen Swimmingpool in der schwindelnden Höhe von 200 m.
Esplanade und Marina Bay Sands

Koloniales Gemäuer, das schon ziemlich heruntergekommen war, ist aufs Feinste restauriert und erstrahlt vermutlich schöner, als zur Zeit des Stadtgründers Sir Stamford Raffles vor 200 Jahren. Viele der Stufen unter den Vordächern der alten chinesischen Warenhäuser wurden eingeebnet. Man läuft bequem in Singapore. Hier kann man sogar in die Gegend schauen, ohne Gefahr in ein Loch zu fallen. Im großen und ganzen sieht es derzeit so aus, als sei man gerade einmal fertig mit allen Großbaustellen. Eine Seltenheit in Singapore und ganz bestimmt nicht von langer Dauer.
In einem Ecklokal, an der Ecke Verdun-Kitchener Rd., habe ich mal wieder Gelegenheit mich mit einem chinesischen Singaporeaner zu unterhalten. Ich frage ihn, ob das multikulturelle Gemeinschaftsleben in SIN vielleicht deshalb so gut funktioniert, weil alle gleichermaßen stolz sind auf „ihr“ SIN. Das ist nämlich meine ganz persönliche Erklärung für den Erfolg, den die gemischte Bevölkerung mit ihrer Stadt hier hat. (Man stelle sich vor, die in Deutschland lebenden Türken, Italiener, Griechen, Kurden, Kroaten usw. hätten alle einen gesunden Nationalstolz für „ihr“ Deutschland entwickelt und würden die eigene Herkunft nur noch als Nebensache betrachten). Mein Gesprächspartner überlegt eine Weile und meint, dass es so sein könnte. Allerdings gäbe es aber auch Chinesen, denen beim Anblick dunkelbrauner Haut die Mundwinkel nach unten fielen. OK, die gibt es sicher, aber ich habe hier in Little India auch schon viele gemischte Freundesgruppen gesehen. Da wird gescherzt, gelacht, sich umarmt. Vielleicht wird diese neue Generation noch erfolgreicher.
Der Nationalstolz der Singaporeaner ist sicher teilweise staatlich verordnet. Die Schule beginnt mit Flaggenparade und dem Absingen der Nationalhymne. Die gemischten Belegschaften von Firmen treten bei besonderen Anlässen geschlossen auf. Wenn so etwas im Ergebnis dann aber dazu führt, dass sich alle Ethnien gleichwertig fühlen und für den Erfolg ihres Staates eintreten, dann hat man etwas erreicht, wovon man in der Integrationsdebatte in Deutschland nur träumen kann. Wenn jeder Bürger, unabhängig vom Migrationshintergrund, den Aufschwung seines ‘Tigerstaates‘ Jahr für Jahr persönlich spüren kann, dann muss man mit seiner Gesinnung nicht nach rechts rücken um diese Art von Nationalstolz gut zu finden. Ob dieser Mehrwert tatsächlich bei allen ankommt, kann ich schlecht beurteilen. Allerdings ist die Kritik am System hier weit weniger ausgeprägt als bei uns in Deutschland und ich habe nicht das Gefühl, dass die Leute es nicht wagen frei zu sprechen.  

Info über politische und wirtschaftliche Daten Singapores

Touristen wo seid ihr?  Clarke Quay

einsamer Pkw an der Ampel Hill Street-North Boat Quay

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