Wecken 05:30 Uhr. 25 Minuten später stehe ich auf der Straße und marschiere durch das aufkommende Gewimmel der Anlieferer frischer Ware, vor der großen Markthalle von Chumphon, in Richtung Bahnhof. Obwohl es noch dunkel ist, und der Stern noch nicht seine Strahlen herunterschickt, rinnt mir der Schweiß in Strömen. Ein junger Mann neben mir winkt ab, als ich am Ticketschalter mein Geld zücke. Dieser Zug sei kostenfrei. Das stimmt, aber offenbar nur für Thais. Der Farang zahlt 49,-BHT. Für ca. 200 km etwa 1,10 EUR. Das ist auf jeden Fall das, was ich unter „günstig reisen“ verstehe. Beim Zustieg in Chumphon gibt es im Zug noch freie Plätze. Bei den späteren Haltestellen sieht es immer schlechter aus für die oft schwer bepackten Fahrgäste. Trotzdem sieht sich keiner der frühen Einsteiger veranlasst, seine hochgelegten Füße einzuziehen, um so Sitzplatz frei zu geben. Das machen die alle nur nach Aufforderung. Dann beginnt das nicht wieder endende Rennen der Essen- und Getränkeverkäufer. Die Hähnchenstücke sehen gut aus, aber ich will einfach nicht aus der Plastiktüte essen, so wie meine Mitreisenden. Soßentütchen geöffnet, und rein damit in die Reistüte. Dann Hähnchen, Gemüse, Schweinefleisch, was auch immer gerade die Mahlzeit beinhaltet, hinzugepackt. Mit der Hand rein, verknetet und zerpult, und rein in den Mund. Auf dem Weg dahin gibt es Verluste, die sich im Zug verteilen. Egal, es ist ausreichend, die Portionen sind groß. Die fettigen Hände werden an der Kleidung gesäubert, an den Zugsitzen, oder einfach, wie die Mädchen, indem man sich mit Ausdauer die Haare in Strähnen teilt. Irgendwann sind die Finger sauber, auch ohne das die abgeleckt werden. Denn das gilt offenbar als Sauerei, gehört sich nicht, und so was macht hier keiner. Was bei uns allerdings als Schweinerei gilt, ist hier Standard: die Reste jeder Teilmahlzeit, von jedem einzelnen Passagier, fliegen aus den geöffneten Fenstern. Vorzugsweise wenn der Zug steht, also in den Bahnhöfen.
Als dann der erste Sonnenschein durch die nach Osten ausgerichteten Fenster Wärme und Licht in die 3. Klasse bringt, beobachte ich die unvermeidlichen Bestrebungen aller Gäste auf dieser Seite, die Rolläden zu schließen. Diesmal bleibe ich hartnäckig, verteidige meine Fensterhoheit. Diese Luke hier bleibt offen, denn ich will was sehen vom Land. Die Frau neben mir fährt ein härteres Geschütz auf. Das Mädchen auf ihrem Arm könne den Windzug nicht vertragen. Wären wir nicht in Thailand, wäre das sicher ein Argument, welches mich klein gekriegt hätte. Aber hier, absolut lächerlich. Sie fährt in der 3. Klasse, wo grundsätzlich alle Fenster geöffnet sind. Und, da bin ich sicher, sie fährt mit dem Kind auch Bus. Wo die kaum regulierbaren Klimaanlagen eiskalten Wind auf das Mädchen schießen. Nee, ich bleibe hart, die Jalousie bleibt oben. Irgendwann sucht sie sich einen schattigen Platz, denn nur darum ging es, bei ihrem leicht durchschaubaren Versuch. Später muss ich dann noch einen Angriff auf meine Aussicht abwehren. Auch erfolgreich. Ich muss zugeben, die Sonne brennt wirklich heiß, wenn man bei relativ langsamer Fahrt am Fenster sitzt. Aber die Berge von Prachuap Khirikhan, und die vom Sam Roi Yot Nationalpark, sind einfach zu schön, um stattdessen auf die Innenseite der vergammelten Rolläden zu schauen.
In Hua Hin gehe ich zu „Dr.Jazz“, einem netten Dänen, der das saubere kleine Hotel „Fat Cat“ betreibt, und am Abend guten Oldtimejazz mit seinem Bass und seiner Trompete spielt. Dabei ist er bemüht, nicht zu laut zu sein, und das klappt besser als bei jedem anderen Lokal mit TV oder Musikkonserve.
Beim riesigen Sangthai Sea Food-Restaurant gegenüber fahren am Abend 5 Busse vor. Die Thais stürmen das Restaurant. Dies ist kein Problem. Aber dass die Fahrer die Busse mit laufenden Motoren stehen lassen schon. Lautes Dröhnen und Gestank sind für Dr. Jazz nicht akzeptabel. Er bittet höflich, auf Thai, das abzustellen. Und es klappt sogar.
Kommt man aus dem fast touristenfreien Chumphon, dann ist Hua Hin ein Schock. Hier sind sie wieder alle versammelt. Die Opas mit den kleinen Thaimädchen, völlig verfettete Menschen jeder Nation, Leute, die so gekleidet sind, dass man meint, die können sich niemals selbst angezogen haben, vollgestempelte Tattoo-Liebhaber, deutsche Touristen der etwas schlichteren „Ballermann-Fraktion“, die in Badekleidung durch die Stadt laufen. Beim Seafood Restaurant fahren die Super-Mercedes nur so ein und aus. Je dicker das Auto, um so häufiger trägt dessen Fahrer hinter den stark getönten Scheiben auch noch eine Sonnenbrille. Wohlbemerkt, es ist 21 Uhr und stockdunkel. Ob man noch etwas sieht, das ist egal. Hauptsache, man ist cool.
Dr. Jazz unterhält sich ganz lieb mit einer jungen Thai. Sie war mit einem fetten Franzosen angekommen, der aber nun offenbar alleine um die Häuser zieht und sie alleine hier sitzen gelassen hat. Er bestellt ihr ein Omlett und macht ihr Mut es mit Messer und Gabel zu essen. Er macht das sehr einfühlsam und nett. Ganz sicher muss sie dafür auch nichts bezahlen. Höchstens der Dicke, wenn er wieder aufkreuzt.
Fat Cat Guesthouse/ Dr. Jazz |
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